In der Verwalterpraxis hat das Thema Versorgung der Wohnungseigentümer und Mieter mit sog. „Mieterstrom“ unter anderem durch Photovoltaikanlagen zunehmend praktische Bedeutung. Mieterstrom wird durch Photovoltaikanlagen auf Dachflächen produziert. Dann ist die GdWE die Betreiberin solcher Photovoltaikanlagen, um die Wohn- und Gewerbeeinheiten der Wohnungseigentumsanlage mit Strom zu versorgen. Mieter haben als Drittnutzer i. S. d. § 13, Abs. 1 WEG den Vorteil, den eigenen Verbrauchsstrom ihrer Einheit direkt von der GdWE über einen Versorgungsvertrag beziehen zu können. Unabhängig davon haben Wohnungseigentümer nach § 20, Abs. 2, Nr. 5 WEG (deren Mieter nach § 554, Abs. 1, Satz 1 BGB) einen Anspruch darauf, zum Beispiel Balkonkraftwerke („Steckersolargeräte“) aufgrund einer Beschlussfassung zu betreiben, was allerdings nicht der Begrifflichkeit „Mieterstrom“ unterzuordnen sein dürfte.
Als Mieterstrom wird nämlich der Strom bezeichnet, der von Solaranlagen mit einer installierten Leistung von maximal 100 Kilowatt auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt und von dort direkt, das heißt ohne Netzdurchleitung an Letztverbraucher in diesem Gebäude oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang geliefert und verbraucht wird. Eigentümer ist insofern immer die GdWE. Die Errichtung und der Betrieb der Solaranlage können durch Beschlussfassung projektiert und dann umgesetzt werden. Dabei werden unterschiedliche Stufen (Vorbefassung und Umsetzung von Eigentümerbeschlüssen) durchlaufen. Die Grundlagen und deren wirtschaftliche Umsetzung, das heißt, auch das „Ob“ und das „Wie“ der Einholung von Genehmigungen und die Beantragung von Fördermitteln regelt die GdWE durch Beschluss. Beschlussfassungen erfolgen in einzelnen Stufen. Erstens ist über die Errichtung zu beschließen (Stufe 1). Die weitere Beschlussfassung umfasst die Finanzierung (Stufe 2). Auf der weiteren Stufe werden im Allgemeinen der Betrieb und die vertraglichen Verhältnisse der Stromversorgung der Selbstnutzer und Mieter mit dem erzeugten „Mieterstrom“ geregelt (Stufe 3).
Bei der Projektierung und der Errichtung einer Photovoltaikanlage handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme i. S. d. § 555b, Nr. 1 BGB. Die Errichtung der Anlage kann durch die GdWE über eine Beschlussfassung als bauliche Veränderung i. S. d. § 20, Abs. 1 WEG projektiert und umgesetzt werden (Hügel/Elzer, WEG, § 20 Rn. 34 ff.). Die Errichtung einer Photovoltaikanlage zur Erzeugung von Mieterstrom kommt den Selbstnutzern und den Mietern zugute. Die Errichtung einer Solaranlage auf dem gemeinschaftlichen Eigentum Dachfläche „nutzt“ allen Wohnungseigentümern der GdWE.
Für die Praxis ist allerdings zu empfehlen, bereits bei der Frage des „Ob“ der Umsetzung auch technischen Sachverstand, zum Beispiel einen Planer, mit der Umsetzung zu beauftragen. Schließlich sind Photovoltaikanlagen zur Erzeugung von Mieterstrom mit dem Gebäudedach als Trägergerüst eine bauliche Einheit. Die statischen Voraussetzungen und die baurechtlichen Voraussetzungen müssen vorhanden sein oder geschaffen werden. Die GdWE ist technisch und wirtschaftlich „Stromproduzentin“ und kann Verträge zur Stromversorgung mit den Wohnungseigentümern und Drittnutzern abschließen.
Ein Mehrheitsbeschluss über die Umsetzung der Maßnahme sollte auch berücksichtigen, dass bereits die Errichtung einer Solaranlage durchaus förderfähig ist. Beschließen die Wohnungseigentümer gemäß § 21 WEG mit mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentümer die Errichtung der Anlage, tragen alle die Kosten nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Neben der Kostentragung muss eine Beschlussfassung auch klar und deutlich herausstellen, wie die Nutzungsfaktoren anzusetzen sind (vgl. Riecke, ZWE 2022, S. 20 ff.). Die Nutzungen kommen bei einer Photovoltaikanlage allen Wohnungseigentümern zugute. Neben den wirtschaftlichen Nutzfaktoren findet auch Berücksichtigung, über welchen Zeitraum – dies können beispielsweise 30 Jahre sein – die Kosten kompensiert werden. Hierbei wird auch der nicht unerhebliche Verwaltungsmehraufwand für den Verwalter zu berücksichtigen sein, der nicht in der monatlichen Grundvergütung abgegolten ist, sondern mit einem Entgelt gesondert zu vergüten sein wird.
Achtung! Bei der Abrechnung und der Einordnung des Mieterstroms sind die Besonderheiten des EEG zu berücksichtigen. Bei dem Entgelt für den Mieterstrom handelt es sich nicht um eine klassische Einspeisevergütung (vgl. Frenz, ZNER 2017, 342). Nach § 42a, Abs. 1 EnWG findet § 21, Abs. 3 EEG Anwendung, so dass ein Mieterstromzuschlag zu berechnen ist. Darauf besteht jedoch nur ein Anspruch für Strom aus Solaranlagen, die auf, an oder in einem Wohngebäude installiert sind (Theobald/Kühling/Wagner/Schubert, EnWG, § 42a Rn. 15). Der Stromliefervertrag darf nicht Gegenstand des Mietvertrags sein. Es besteht ein Koppelungsverbot. Verstöße gegen § 42a, Abs. 2, S. 1 und S. 7 EnWG haben die Nichtigkeit des Bezugsvertrags zur Folge (Ehring, EnZW 2018, 213, 215).